Gimlet – der Gin-Cocktail mit der Extraportion Limette

Eine der größten Freuden der eigenen Hausbar sind die frischen Zutaten, die bei der Verarbeitung zu Cocktails ihren Duft entfalten. Limetten dürfen dabei nicht fehlen – etwa für die beliebten Caipirinhas und Mojitos. Allerdings waren Limetten bis vor wenigen Dekaden in Europa nur selten frisch erhältlich – denn weder die Früchte, noch der Saft waren lange genug haltbar. Mit dem Gimlet ist einer der markantesten Limetten-Cocktails überhaupt dennoch bereits vor rund 150–200 Jahren entstanden – als Medizin auf hoher See.

 

Von Sir Gimlette auf hoher See zur Skorbutvorbeugung gereicht

Die Seefahrt war bis ins 19. Jahrhundert in vielerlei Hinsicht gesundheitlich problematisch. Ein großes Problem war – insbesondere bei den zahlreichen Atlantik-Überquerungen – die Versorgung der Crew mit Vitaminen . Denn bei mehreren Wochen ohne Landgang war es den Schiffsköchen damals unmöglich, frische Lebensmittel zu servieren. Mangelerscheinungen und Krankheiten wie die unter Seeleuten berüchtigte Skorbut waren die Folge.

 

Tommy und Limey: der Engländer als „Limettenfresser“

Abhilfe schafften Zitrusfrüchte mit ihrem hohen Gehalt an Vitamin C. Die bereits ab 1795 gültige Anordnung der britischen Admiralität, stets Zitrusfrüchte auf den Schiffen zu haben, führte dazu, dass die britischen Marinesoldaten als „Limeys“ bezeichnet wurden . Spätestens im 20. Jahrhundert etablierte sich diese Verballhornung auch unter den verbündeten Amerikanern und entwickelte sich – ebenso wie „Tommy“ für die britischen Infanteristen – zu einer allgemeinen Bezeichnung für alle Engländer.

 

Der Gimlet Cocktail als Erfindung des Schiffsarztes

Für die Entstehungsgeschichte des Cocktails Gimlet gelten vor allem zwei Faktoren als relevant:

  1. die Frage, wie man die wertvollen Inhalte der Südfrüchte haltbar machen konnte – denn auch die Zitronen und Limetten faulten unter Deck irgendwann vor sich hin
  2. die Frage, wie man den Seeleuten den täglichen Verzehr des sauren Obstes schmackhaft machen konnte – denn wenn die Kombüse auf langen Durststrecken ohnehin kaum noch kulinarische Vielfalt zu bieten hat, muss der Smutje die Crew bei Laune halten

Limette

Bei der British Royal Navy war unter anderem ein gewisser Sir Thomas Desmond Gimlette als Konteradmiral der Sanitätsabteilung (vulgo: Schiffsarzt) dafür zuständig, diese beiden Probleme zu lösen. Er diente von 1879 und 1913 und soll die Mischung aus Limettensaft und Gin empfohlen haben, damit die bittere Medizin besser eingenommen werden könne. Vieles spricht dafür, dass der Name des Cocktails Gimlet von seinem Nachnamen abgeleitet wurde – wobei er mit Sicherheit nicht der einzige war, der damals auf den Schiffen Gin und Limette mixte.

Denkbar ist auch, dass schon vor seiner Zeit Zitrusfruchtsäfte mit Zucker und Alkohol haltbar gemacht und unter Deck in Fässern gelagert wurden. Möglicherweise mochten einige Soldaten das so konservierte Skorbut-Medikament so gerne, dass sie heimlich die Fässer mit kleinen Handbohrern anzapften. So könnte der im Englischen „Gimlet“ genannte Handbohrer ebenfalls als Namenspate des Drinks herangezogen werden. Diese Erklärung gilt im Gegensatz zur Schiffsarzt-Geschichte als spekulativ.

 

Das Gimlet Rezept: simpel, aber gut

Der Gimlet gehört zu den ganz einfachen Cocktails, deren Zutatenliste überschaubar und Zubereitung relativ simpel ist.

Für den klassischen Drink braucht man nur diese beiden Zutaten:

  • Gin (ca. 50–60 ml)
  • Lime Juice Cordial (ca. 10–20 ml)

Über das Mengenverhältnis gibt es abweichende Angaben bis hin zur Mischung in gleichen Teilen. Beide Zutaten werden unter Verwendung von Eiswürfeln miteinander kaltgerührt und dann in ein vorgekühltes Glas (etwa eine elegante Martini-Schale) ohne Eis („straight up“) abgeseiht.

Gimlet Cocktail

Ebenfalls nicht ganz unüblich ist das Shaken der Zutaten und Servieren des Gimlet in einem kleinen Tumbler auf frischen Eiswürfeln („on the rocks“). Seltener wird beim Gimlet auf Eiswürfel ganz verzichtet oder mit Soda aufgefüllt – ein Rezept ohne Eis und mit Soda ist historisch als „Gimblet“ überliefert. Als angeblich von Bombay bis Hongkong seinerzeit ähnlich beliebter Cocktail wie der Martini in Europa wird der „Far Eastern Gimlet“ 1939 beschrieben. Dabei kommen Old Tom Gin, Lime Cordial und Sirup in geringen Mengen (jeweils nur etwa 1cl), Eis und stilles Wasser zum Einsatz.

Wie bei vielen anderen klassischen Cocktail-Rezepten gibt es beim Gimlet Varianten mit unterschiedlichen Basis-Spirituosen – etwa Wodka-Gimlet, Rum-Gimlet (mit weißem Rum) oder Tequila-Gimlet. Letzterer wird bevorzugt mit etwas frischem Zitronensaft abgeschmeckt. Garnituren sind eher unüblich, aber Limettenspalten oder -zesten würden sich anbieten.

 

Lime Juice Cordial – was ist das überhaupt?

Bei der schlichten Einfachheit des Rezepts mit nur zwei Zutaten liegt es nahe, sich beide Komponenten gut anzusehen, um die richtige Wahl zu treffen. Auf die Suche nach dem perfekten Gimlet-Gin begeben wir uns am Ende des Artikels, wichtiger erscheint zunächst die Frage, die sich beim Lesen der Gimlet-Zutaten häufig als Erstes stellt: Was Lime Juice Cordial? Gerade weil in manchen alten Gimlet-Rezepten lediglich „Lime Juice“ steht, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um (frisch gepressten) Limettensaft handelt. Auch lässt sich Lime Juice Cordial nicht 1:1 mit Limettensirup übersetzen. Vielmehr ist „Limetten-Cordial“ eine Art Limonaden- oder Limettensaft-Konzentrat, das ursprünglich für gesundheitliche Zwecke eingesetzt wurde. Darauf deutet die Bezeichnung „Cordial“ hin (deutsch: Stärkungsmittel, historisch vergleichbar mit dem Begriff Tonic in Tonic Water). Der Schotte Lauchlin Rose hatte das Verfahren, Limettensaft ohne Alkohol zu konservieren, 1867 patentieren lassen. Im selben Jahr wurde die oben bereits erwähnte Skorbutprophylaxe-Bestimmung, Zitrusfrüchte an Bord zu haben, im Merchant Shipping Act auf tägliche Pflicht-Rationen Lime Juice Cordial präzisiert. Die Firma L. Rose & Company wurde wichtigster Lieferant und Rose’s Lime Juice Cordial zur bis heute

 

Der Gimlet Cocktail als Gin Sour Twist?

Hat man keinen Lime Juice Cordial zur Hand – oder schaut sich die Zutatenliste des Produkts genau an – kommt man schnell auf die Idee, beim Gimlet handele es sich eigentlich um einen Gin Sour mit Limettensaft. Denn die Komponenten des Gimlet sind grundsätzlich identisch wie die eines Gin Sour: Zitrus (in dem Fall von der Limette), Süße (meist durch Zuckersirup, in Lime Cordial enthalten) und Gin als Basisspirituose.

Die Historie des Gimlet spricht allerdings dafür, den Cocktail mit Lime Juice Cordial als eigenständigen Shortdrink zu betrachten, der nicht der Gattung der Sours entspricht. Tatsächlich ist der typische Gimlet-Geschmack auch nicht mit dem eines Gin Sour mit frischem Limettensaft und Zuckersirup zu vergleichen. Dennoch kann man natürlich mit frischen Limetten arbeiten – etwa einen Spritzer frischen Saft oder eine Limettenscheibe als Garnitur hinzufügen, oder gleich einen eigenen Limetten Cordial selbst herstellen –, sodass das Resultat besonders lecker schmeckt.

 

Welchen Gin für Gimlet nehmen? Unsere Empfehlungen:

Anhand seiner Entstehungsgeschichte scheint der Fall klar: Für Gimlet nimmt man Plymouth Gin,dem quasi offiziellen Leibgetränk der British Royal Navy. Von diesem seit 1793 hergestellten Gin heißt es, dass lange Zeit jedes Schiff, dass den Marinehafen in Plymouth verließ, eine Ration der im Hafenviertel ansässigen Brennerei Coates & Co. an Bord hatte. Dadurch war Plymouth Gin bis ins späte 20. Jahrhundert insbesondere bei Seeleuten und Ex-Marines beliebt , aber auch bei anderen Soldaten mit Übersee-Erfahrung wie etwa dem langjährigen Kavalleristen und späteren Premierminister Winston Churchill. Doch Plymouth Gin war nicht der einzige Gin, der seinerzeit bei der britischen Marine getrunken wurde. Schon ab 1800 war auch der ursprünglich aus Schottland stammende Londoner Gin-Pionier Alexander Gordon mit seinem ebenfalls bisheute erhältlichen Gordon’s London Gin offizieller Lieferant der British Royal Navy.

Grundsätzlich kann – unabhängig von historischer Authentizität – fast jeder Gin zu einem guten Gimlet gemixt werden. Sowohl klassisch trockene als auch moderne, zitrusfruchtige Gin-Sorten eignen sich sehr gut für diesen Cocktail. Lediglich für eher krautige Dry Gins kann keine generelle Empfehlung ausgesprochen werden, aber auch damit dürften je nach Geschmack und genauer Abmischung des Mengenverhältnisses interessante Gimlets mixbar sein. Bei der Suche nach Twists mit anderen Basis-Spirituosen sind Rum Gimlet Varianten besonders spannend, die aufgrund der Seefahrtgeschichte zwischen Karibik und Europa auch historisch plausibel sind – zumal Limettensaft vor Lauchlin Roses Erfindung des Lime Juice Cordial gerne auch mit Rum konserviert wurde.

Plymouth Gin – der Navy-Klassiker nicht nur für Gimlet

Citadelle Gin de France – ein hervorragend ausgewogener Dry Gin aus Frankreich, der im Maison Ferrand nach eigens patentiertem Mazerations-Verfahren hergestellt wird und absolut Gimlet-tauglich ist

Steinhauser SeeGin – mit Zitronenmelisse, Zitronengras und Zitronenpfeffer sind die Zitrusnoten des preisgekrönten Gins vom Bodensee facettenreich abgerundet, was im Gimlet für Furore sorgt

Tanqueray Rangpur Distilled Gin – die Rangpurfrucht ist zwar streng genommen keine Limette, ihr diesen Gin prägender Geschmack aber dafür genau so limettig wie ein guter Gimlet sein soll

 

Empfehlungen für Vodka Gimlet und Rum Gimlet:

Genesis Vodka – für Wodka Gimlet erste Wahl, im Geschmack kräftig und klar, dank einzigartiger Erdfilterung

Takamaka White Rum – der weiße Rum von den Seychellen wird aus Zuckerrohrsaft hergestellt und bringt Frische in den Rum Gimlet

Rumult Blanco Bavarian Rum – in Hausham zwischen Tegernsee und Schliersee entsteht der Bayerische Rum aus Zuckerrohrsirup von Mauritius, im Rum Gimlet überzeugen seine Ananas-Noten

 


Zum Wohl und Ahoi!