Gin und Whisky vom Bodensee: Die Brennerei Steinhauser

Sein See Gin hat 2014 IWSC-Gold gewonnen und sein Brigantia Single Malt Whisky wurde ebenfalls ausgezeichnet: Zwei gute Gründe, bei Martin Steinhauser in Kressbronn am Bodensee vorbeizuschauen und nach dem Geheimnis hinter dem Erfolg zu fragen.

Zu Besuch bei Steinhauser am Bodensee

Wenn man derzeit auf der internationalen Bühne mit Gin reüssieren will, sollte man aus der deutschen Provinz kommen. Dieser Eindruck könnte sich aufdrängen, wenn man die Entscheidungen der IWSC-Jury aus den letzten Jahren überfliegt: Mehrmals Gold für Gin aus Deutschland. Den Anfang machte 2011 der Monkey 47 aus dem tiefsten Schwarzwald und 2014 gewann der See Gin aus Kressbronn die Goldmedaille in der hart umkämpften Kategorie London Dry Gin. Wenn die selbe Brennerei auch noch einen mehrfach prämierten Single Malt Whisky im Angebot hat, wird die Sache gleich doppelt spannend. Wir haben der Brennerei Steinhauser am Bodensee einen Besuch abgestattet und uns mit Martin Steinhauser persönlich über die Geschichte hinter dem Erfolg unterhalten

auf dem Boden der Tatsachen

 

Auf dem Boden der Tatsachen geblieben

Martin Steinhauser ist ein vielbeschäftigter Mann. Der internationale Erfolg seines See Gins hat offenbar nicht viel an dieser Tatsache geändert. „I bin gleich bei euch" ruft er uns zu, während er eine Ladung Holzfässer auf dem Gabelstapler an uns vorbei manövriert. Fünf Minuten später schüttelt er uns die Hand: „Viel zu tun", entschuldigt er sich, „die Hälfte von meine Leut' spieln bei der Musi und haben heut Konzert". Klar, dass in solchen Fällen der Chef einspringt. Überhaupt scheint Musik einen ganz besonderen Stellenwert zu haben bei Steinhauser am Bodensee. Als wir uns im Lager umsehen, in dem in duftenden Holzfässern eine Charge des Brigantia Single Malt Whisky reift, fällt sofort die ungewöhnliche Beschallung auf

Der Brigantia Whisky: Jeden Tag Volksmusik

Das Fasslager wird nämlich den ganzen Tag über mit Musik beschallt. Und zwar nicht mit irgendeiner: „Des is unsere Kressbronner Blasmusik", erklärt Martin Steinhauser nicht ohne Stolz, wenn er auf die Musik im Lagerraum angesprochen wird. Der Kapellmeister persönlich habe die einzelnen Stücke extra für den Brigantia komponiert „damit unser Whisky gut lagern kann und nicht den ganzen Tag alleine ist", wie der Brennmeister mit viel Rücksicht auf die emotionalen Befindlichkeiten seines Whiskys hinzufügt. Dass die Musik – Steinhausers „Geheimwaffe" in Sachen Whisky? – auch während eines Interviews nicht abgeschaltet wird, sehen (und hören!) Sie im Exklusivinterview mit mySpirits:

Martin Steinhauser im Interview: Die Geschichte hinter dem Brigantia Single Malt Whisky



Geheimnis Volksmusik? „Mehr Whisky gibt's sicher nicht", räumt Martin Steinhauser amüsiert ein, um sofort hinzuzufügen: „aber einen guten vielleicht". Die Bescheidenheit kann er sich leisten, das Lob sprechen ja genug andere. Wie er den Brigantia im Vergleich zu bekannteren schottischen Single Malts beschreiben würde? "Fruchtig", kommt es wie aus der Pistole geschossen. Der Brigantia ist kein Torf-Ungetüm, sondern ein geschmacklich leichter, eben fruchtiger Whisky mit dezenten Vanille- und Rauchnoten aus dem Fass. Ob noch andere Varianten geplant sind? "Erstmal muss das Baby Laufen lernen", gibt sich Steinhauser bescheiden. Danach könne man sich immer noch über einen Whisky in torfiger Richtung Gedanken machen, mit mehr Rauch und weniger Frucht. Derzeit läuft es ja prima mit dem sehr trinkbaren Brigantia

Ein Whisky mit langer Geschichte: Der Brigantia Single Malt vom Bodensee

Auch wenn die erste Charge des Brigantia erst 2009 gebrannt wurde, hat der Whisky bereits eine lange Geschichte. Denn für den Single Malt wurde bei Steinhauser extra eine alte Brennerei aus dem Jahre 1890 aufwändig renoviert und erneut in Betrieb genommen: Der historische Brennkessel erlaube es ihm, ein besonders sauberes Destillat zu brennen: "So eine Anlage hat in Deutschland keiner". Auch der Stadel, in dem der Whisky reift, ist über hundert Jahre alt. Das passt ganz gut zu Steinhauser, denn die Brennerei bestünde genau genommen bereits seit 1828, auch wenn die offiziellen Stellen damals nichts davon wussten: Hier in Kressbronn wurde bereits lange schwarz gebrannt, bevor der Betrieb mit landesherrlicher Sanktion legalisiert wurde. Jetzt lagert der Whisky aus der historischen Brennanlage in Fässern aus deutscher, französischer und amerikanischer Eiche, in alten Port-, und Süßweinfässern und wartet auf den richtigen Zeitpunkt, um in Flaschen abgefüllt zu werden. "Diese Vielfalt aus verschiedenen Fässern, das macht's einfach aus". Vielleicht ist es ja doch nicht nur die Musik, die hinter dem Erfolg dieses Single Malts steht

Und plötzlich war er da: Der Steinhauser See Gin

 

Nach dem Whisky kam der Gin: Bei Steinhauser hat man 2013 damit begonnen, an einem eigenen Gin zu tüfteln. Stark sollte er werden, das stand früh fest. Zugleich aber fruchtig, frisch, nicht zu herb. Eine schwierige Vorgabe, der man sich in Kressbronn aber gewachsen sah. Bereits 2014 konnte das Resultat der Bemühungen, der See Gin, auf den Markt gebracht werden. „Wir waren eigentlich sehr zufrieden mit der Nachfrage", beschreibt Martin Steinhauser die ersten Reaktionen der Kunden. Der neue Gin verkaufte sich prima, Kenner äußerten sich positiv. Dass sein Gin aber bei der IWSC in London Gold als bester Gin der Welt gewinnen würde, damit hatte auch er nicht gerechnet.

Martin Steinhauser im Interview über seinen See GinDer beste Gin der Welt? IWSC-Gold 2014

Mit diesem Erfolg hatte niemand gerechnet. Von über 200 eingereichten Gins aus aller Welt wurde der See Gin von Steinhauser mit der Goldmedaille prämiert. Dabei wirkt er auf den ersten Blick gar nicht so außergewöhnlich. Hochprozentig, viel Wacholder – hier wird nicht mit exotischen Zutaten geprahlt und es gibt auch keine mystische Herkunfts- und Entstehungsgeschichte, wie sie so gerne von den Marketingabteilungen der großen Spirituosenhersteller in die Welt gesetzt werden.

 

„Bei 48 Prozent erschrickt erst mal jeder"

Der Wacholder steht bei seinem Gin im Mittelpunkt, er ist der unangefochtene Star des Preisträgers. Fest zum Konzept gehört auch der hohe Alkoholgehalt. „Bei 48 Prozent erschrickt erst mal jeder", gibt Martin Steinhauser zu. Trotzdem sei der See Gin pur gut zu trinken, der Alkohol sauber eingebunden (ob das stimmt, haben wir übrigens selbst getestet - hier gibt's das Tasting-Video mit unserem Experten Lukas Buttazoni). Der See Gin soll genug Rückgrat haben für den Klassiker unter den Longdrinks, den Gin Tonic.

Ein mixbarer Gin mit Rückgrat

In der Mischung auch mit einem dominanten, chininschweren Tonic darf der Gin nicht verloren gehen, muss jederzeit herausgeschmeckt werden können. Dafür braucht es nicht nur Alkohol, sondern auch ordentlich Wacholder, den der See Gin ebenfalls mitbringt. Welches Tonic besonders gut für den See Gin geeignet ist? „Geschmackssache", schmunzelt Martin Steinhauser. Mit ganz normalem Schweppes ist hier nichts verhaut, aber auch Thomas Henry findet er in der Kombination überzeugend. „Aber das muss jeder für sich selber rausfinden," schwächt er ab „da kann ich keinen Ratschlag geben."

Welche Botanicals stecken im See Gin?

Nach den Details der Zutatenliste gefragt, lächelt Martin Steinhauser freundlich – und schweigt: „Betriebsgeheimnis". Verständlich, vor alle vor dem Hintergrund der harten Konkurrenz auf dem deutschen Gin-Markt: „Das ist unser Geheimrezept und das bleibt auch so." Nach kurzem Überlegen lässt er sich dann aber doch noch ein Detail entlocken: „Weniger ist mehr, meint er mit Blick auf die anderswo imposant langen Zutatenlisten.

Wacholder, fruchtige Frische mit klaren Zitrusnoten – und viel Alkohol. Wobei: „jeder, der unseren Gin probiert hat, schätzt den Alkoholgehalt viel niedriger ein". Und für all jene, denen der See Gin zu hochprozentig ist, hat Steinhauser noch ein As im Ärmel. Demnächst – ein genaueres Datum lässt er sich nicht entlocken – bringt er einen milden Gin aus dem Holzfass auf den Markt. Bloß 42% Vol. diesmal, eine „Fruchtbombe" werde das, mit mehr Orangen als Wacholder: „Den sollte man aber echt nur pur trinken". Holzfasslagerung ist bei Gin die Ausnahme, Steinhauser wäre hier recht alleine auf weiter Flur.

Darüber freut er sich und verweist auf die Synergieeffekte mit dem eigenen Whisky. Die alten Whisky-Fässer können für den milden Gin verwendet werden. Wie lange die Fasslagerung dauern soll? „Etliche Monate", ist alles, was man Martin Steinhauser dazu entlocken kann. Man darf gespannt sein.

 

Hier gibt's Gin und Whisky von Steinhauser